Als Georgie im Jahr 2021 in unsere Familie kam, war Vieles für ihn neu und unbekannt. Speziell der Winter und die Weihnachtszeit hielten einige Überraschungen für ihn bereit. Ich habe damals auf seiner Facebookseite kleine Geschichten veröffentlicht, die seine Abenteuer in dieser besonderen Zeit nacherzählten. Entstanden ist eine sechsteilige „Serie“, an der ich euch nun ebenfalls teilhaben lassen möchte. Dies ist der 1. Teil: Ein Baum im Wohnzimmer
Leute ich sag euch, meine Familie dreht komplett durch. Irgendwas stimmt hier gewaltig nicht.
Vor ein paar Tagen fing es an: wir Hunde liegen nichts ahnend auf dem Sofa, es ist noch Vormittag, also die Zeit, in der wir normalerweise noch ein kleines Schläfchen halten, weil die Zweibeiner bei der Arbeit sind. Aber heute wird das wohl nix. Frauchen ist zuhause, und sie dreht die Musik ganz laut auf - das macht sie normalerweise nie um diese Zeit. Aber diesmal geht’s los, es sind lauter singende Menschen zu hören und Glöckchen und so Zeug. Seltsamen Musikgeschmack hat die, wirklich.
Und dann wird’s hektisch. Frauchen räumt Sachen im Wohnzimmer hin und her, ständig rennt sie in den Keller - warte, ich komm mit!
„Georgie, geh weg, du stehst im Weg!“ sagt sie. Wenn ich gewusst hätte, wie oft ich diesen Satz heute noch zu hören kriege, hätt ich mich gleich ins Schlafzimmer verzogen. Aber das konnte ja keiner ahnen. Sonst freut sie sich immer, wenn ich ihr Gesellschaft leiste. Aber heute mag sie mich wohl nicht, schade.
Frauchen schleppt große Kisten nach oben. Alles riecht ganz ungewohnt. Das müssen Sachen sein, die schon ne ganze Weile im Keller liegen. Was hat sie nur vor? Ob sie das alte Zeug wegwerfen will? Ich frag meinen Hundekumpel Cash, aber der grinst nur. „Warte ab, das wird lustig“, murmelt er leise vor sich hin.
Frauchen öffnet die größte Kiste, und ich trau meinen Augen kaum: sie zieht einen Baum heraus! Ein Baum in einer Kiste? Das gibt’s ja nicht. Ich muss sofort hin und mir das Ding ganz genau anschauen. Aber ich werde enttäuscht, es ist kein echter, nur Plastik. Ob die das weiß? Sie stellt den Baum in eine freigeräumte Ecke und freut sich sichtlich. Was soll das denn sein? Ein Pinkelbaum im Wohnzimmer? Weil es draußen jetzt immer so eklig und kalt ist? Nette Geste, aber ob ich da ran pinkeln kann? Ist ja schließlich nur ein schlechter Ersatz. Aber okay, ich probier‘s mal, schließlich hat Frauchen sich solche Mühe gemacht. „Georgie nein, denk nicht mal dran!“ ruft sie, als ich vorsichtig mein Beinchen heben will. Ja was denn nun? Baum ja, pinkeln nein? Frauchen, heute benimmst du dich echt seltsam. Schmollend verziehe ich mich zu Cash aufs Sofa und beobachte wie es weitergeht.
Frauchen zieht ein langes Kabel aus der Kiste und wickelt es um den Baum. Was das wohl wird? Immer mehr Sachen hängt sie an den Baum: farbige Kugeln und Sterne. Ich hab keine Ahnung was das soll, aber es scheint sie glücklich zu machen, also was soll’s. Nach etwa einer Stunde ist sie fertig. „Jungs, schaut her! Jetzt wird es weihnachtlich!“ jubelt sie und drückt auf einen Knopf.
Leute, es ist unglaublich! Der ganze Baum beginnt zu leuchten und zu glitzern! Niemals jemals hab ich so etwas Schönes gesehen! Frauchen setzt sich zu uns, und ganz gebannt schauen wir die Lichter an. Plötzlich verändert sich die Stimmung im Raum und alles wird ganz festlich.
„Jetzt ist es soweit, die Weihnachtszeit hat begonnen“, sagt Frauchen ein wenig sentimental. Ich hab keine Ahnung was sie damit meint, aber ich finde es wunderschön!